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Die Geheimnisse der Albata
04-23-2025, 08:32 AM,
Beitrag #1
Die Geheimnisse der Albata
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Es war ein herrlicher Frühsommertag, als die fesche Nike wieder einmal auf das Vereinsgelände der Factio kam und alle anderen Sklaven und Freigelassenen begrüßte, mal hier und da ein Schwätzchen hielt und dann weiterzog. Sie war schon länger nicht mehr hier gewesen, da sie mit ihrem Dominus in Londinium gewesen war zwecks der Adoption seines Neffen Caelinus, was fast drei Monate in Anspruch genommen hatte und den ganzen Frühling gedauert hatte. Der Dominus erholte sich immer noch von den Aufregungen der großen Stadt, die ihm gar nicht gut bekam. 

Allerdings war sie dieses Mal nicht allein, sondern in Begleitung einer stillen jungen Sklavin aus Syria. Anscheinend war die Sklavin eine begnadete Kunsthandwerkerin in mehreren Disziplinen, aber der Dominus hatte ja wie immer nur seine Pferde im Sinn und dachte sich daher einen ganz tollen Plan aus. Sie gab Samira also die große Tour über das weitläufige Gelände und zeigte ihr die Gebäude, ehe sie beim Trainingsgelände ankamen, wo Helios und Iason ihre Runden drehten. "Das da hinten ist die Casa Albata, dort sind die Pferdeställe und dort der große Schuppen für die Wagen und hier ist das Herzstück - das Trainingsgelände." Eine routinierte Erklärung des Wichtigsten. 

Die beiden älteren Freigelassenen Plautianus Hippolytus und Plautianus Agamanthes standen wie fast jeden Tag um diese Uhrzeit mit strengem Blick am Rande des Trainingsgeländes um die Leistung der Pferde, des Materials und der Wagenlenker mit prüfendem Auge zu überwachen, während im Hintergrund Stallburschen und die Bediensteten der Casa hin und herliefen und ihren Aufgaben nachgingen. Sie stellte sich ein wenig abseits vom Trainer und dem Stallmeister zum Wasserbecken und schöpfte sich eine Kelle vom kalten Quellwasser, ehe sie auch Samira die Kelle anbot um sich zu erfrischen. 

Ich deutete leicht mit dem Kopf in die Richtung der Freigelassenen. "Das sind der Stallmeister und der Trainer - Plautianus Hippolytus und Plautianus Agamanthes. Mit denen ist meist nicht gut Kirschen essen, also leg dich nicht mit ihnen an - zumindest nicht mehr als nötig" meinte ich verschwörerisch schmunzelnd. Dann zeigte ich zuerst auf den germanischen Helios mit dem strahlend blonden Haar. "Das ist der aktuelle Top Auriga, Helios. Und der mit den dunklen Haaren ist Iason, ein junger Nachwuchsfahrer. Helios ist ganz nett, aber bei Iason musst du aufpassen. Der ist hinter jedem Rock hinterher und er glaubt er ist der beste Liebhaber der Welt, nur weil er vor kurzem entdeckt hat, dass man mit dem Schwänzchen nicht nur pinkeln kann." Ich musste laut lachen, was zu einem forschenden Blick der alten Kerle führte, denen ich nur freundlich zuwinkte.
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Honoratior von Iscalis
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04-23-2025, 08:53 PM,
Beitrag #2
RE: Die Geheimnisse der Albata
Sie sagte kaum ein Wort, während sie neben Nike über das Gelände ging, aber in ihrem Inneren tobte ein leiser Sturm. Nicht aus Angst, das nicht. Angst war ihr längst vertraut. Nein, es war Neugier, ein lauerndes Prickeln unter der Haut, dass sie nicht abschütteln konnte.

Die Männer, die sie sah, waren kräftig, stolz, laut. Die Pferde groß, edel, voller Leben. Und über allem lag dieser Geruch … Erde, Metall, Männerschweiß, Öl, Heu und der süße, klare Duft des Quellwassers, das Nike ihr reichte. Sie nahm die Kelle, spürte das kalte Metall in ihrer Hand, und trank. Langsam, mit kleinen Schlucken. Es war das erste Mal, dass etwas an diesem Ort sie an zuhause erinnerte.

Als Nike die Namen der Männer nannte, hörte Samira zu, ohne sichtbar zu reagieren. Helios … schön wie ein Held aus den Geschichten, die ihr Bruder ihr früher erzählte, bevor er ebenso verkauft wurde. Und Iason … ein Name wie ein Messer, das sich selbst für eine Fackel hält. Samira hatte Männer wie ihn schon oft gesehen. Viel Stolz, wenig Maß. Und als Nike lachend anmerkte, dass der junge Wagenlenker wohl erst kürzlich entdeckt habe, dass man mit dem Schwänzchen mehr anstellen könne als zu pinkeln, zuckte Samiras Mundwinkel kaum merklich. Ein fast unsichtbares Lächeln, nicht spöttisch, nicht kühl, eher eine stille Bestätigung.

Sie kannte diesen Typus. Männer, die ihre neu entdeckte Männlichkeit trugen wie ein Schwert, das sie noch nicht führen konnten. Solche waren gefährlich, nicht weil sie Macht hatten, sondern weil sie sie zu brauchen glaubten.

"Ich werde vorsichtig sein", sagte sie schließlich leise. Und sie meinte es auch so. Vorsicht war keine Schwäche. Vorsicht war, was sie am Leben hielt.

Ein Geschirr seitlich vor ihr liegend zog ihren Blick auf sich. Alt. Abgenutzt. Nicht schlecht gearbeitet, aber auch nicht besonders. Ihre Finger bewegten sich, als würden sie von selbst nach dem Leder greifen, nach den Nieten, nach dem Werkzeug, das sie schon so lange nicht mehr benutzt hatte. Ihre Hände vermissten das Machen. Das Gestalten.

Sie wusste noch immer nicht, was der Dominus mit ihr vorhatte. Aber sie wusste jetzt, dass sie etwas mit sich trug, was hier niemand erwartete. Einen Blick für Formen, für Linien, für Ästhetik. Für das, was unter der Oberfläche lag.

Vielleicht war das ihr Vorteil. Vielleicht war sie genau deshalb hier.
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Aulus Plautius Montanus
Zeugmeisterin der Factio Albata
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04-24-2025, 04:29 PM,
Beitrag #3
RE: Die Geheimnisse der Albata
[Bild: Brunette-Woman3.jpg]

Nach meiner Einstufung des Charakters von Iason stellte sich ja doch noch heraus, dass das Mädel sprechen konnte! Naja, wer wusste schon, wie sie von ihren Vorbesitzern behandelt wurde. Nicht alle waren so drollig und gut gelaunt wie der verehrte Plauzius. Aus meinem Umhängebeutel kramte ich gut gelaunt einen Apfel und eine tabula für Samira, die ich ihr in die Hand drückte. "Hier sind deine Anordnungen vom Dominus persönlich...naja nicht geschrieben aber diktiert, du weißt schon. Derzeit ist er noch sehr erschöpft und daher unpässlich, aber sobald er wieder bei Kräften ist, kommt er bestimmt auch wieder hierher zu den Pferden."


Samira, ich setze dich als neue Zeugmeisterin der Factio Albata ein. Nike wird dich hinbringen und dir die Factio zeigen. Mach dich mit dem Material und den Leuten vertraut. Ich erwarte Verbesserungen an den Wagen und dem Geschirr der Pferde. Sieh, was du ausrichten kannst. Wenn du mehr Hilfe oder Ausrüstung brauchst, wende dich direkt an Nike. 
A.P.M.


Da ich die tabula selbst geschrieben hatte, kannte ich den Inhalt ja bereits und ich ließ Samira ein wenig Zeit um die Worte zu lesen. Da Helios aber gerade langsam an uns vorbeitrabte, steckte ich mir zwei Finger in den Mund und pfiff laut, um den Auriga auf mich aufmerksam zu machen. "Hey, Helios. Komm doch mal her!" rief ich laut mit einer herbeiwinkenden Handbewegung.
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Honoratior von Iscalis
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04-24-2025, 06:05 PM,
Beitrag #4
RE: Die Geheimnisse der Albata
Hélios, der plautische Wagenlenker war gerade dabei, sein Gespann zu einem schnelleren Tempo anzuspornen. Zwar ging es hier nicht um einen Wettstreit, auch wenn sich Iason ebenfalls mit einem der Gespanne auf der Bahn befand. Doch Hélios liebte es, wenn ihm der Wind Tränen in die Augen trieb. Und an ihm, seiner gestählten Gestalt, zerrte. So war es nicht verwunderlich, dass er sich ganz klein machte, so dass der Wind regelrecht über ihn hinweg pfeifen konnte. Und die Pferde tatsächlich noch an Tempo zulegten. Glücklich und zufrieden wirkte der Blonde in diesem Augenblick. Auch wenn man dies seinem konzentrierten Gesichtsausdruck ganz und gar nicht anmerkte. Die Peitsche brauchte Hélios gar nicht erst zu benutzen, denn das Gespann spürte die kleinste Verlagerung seines Gewichtes. Das kleinste zupfen am Zügel und wurde entweder schneller, oder langsamer.

“Yeeeeha!“ Schrie Hélios den Pferden zu und diese legten sich mit einem gar halsbrecherischen Schwung in die Kurve, so dass der leichte Wagen tatsächlich etwas ins wanken geriet und der Blonde ruckartig ausbalancieren musste. Einen Unfall wollte er definitiv nicht riskieren. Und vielleicht sollte er auch einen Gang zurück schalten? Gesagt getan. Die Fahrleinen wurden angezogen und das Gespann verfiel in einen lockeren Galopp. Und ein weiteres zupfen an den Fahrleinen und die Pferde wurden noch langsamer, so dass Hélios schließlich um die innere Bahn herum trabte. Schnaubend die Pferde, die ihre Köpfe in die Höhe warfen und dabei vergnügt wirkten.

In diesem Moment schallte der Pfiff Nikes über die Trainingsbahn und nicht nur Hélios hob seinen Kopf. Auch Iason blickte fragend, auch wenn dieser im nächsten Moment um eine der Kurven davon schoss. Mit einem leisen Liedchen auf seinen Lippen näherte sich der Germane den beiden Frauen, wobei er die eine Frau, nämlich Samira, einer kurzen, genauen Musterung unterzog. Hm. Sie hatte er hier noch nicht gesehen. Aber vielleicht tat sie auch Dienst im Haupthaus.

“Nike? Ein gerne gesehener Gast. Was führt dich hierher?“ Wollte Hélios wissen und sprang vom Wagen, wobei er den beiden Frauen ein nicken zur Begrüßung schenkte und die junge Frau an Nikes Seite kurz, neugierig anblickte.
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04-24-2025, 10:08 PM,
Beitrag #5
RE: Die Geheimnisse der Albata
Der Apfel in ihrer Hand war kühl, glatt, fast zu perfekt. Sie hatte nicht danach gefragt, doch sie nahm ihn. Genauso wie die tabula, die ihr überreicht wurde, mit einem Lächeln, das so beiläufig war, als sei es das Normalste der Welt, Befehle aus einem Umhänge-Beutel zu ziehen. Ihr Blick glitt über die eingeritzten Worte, ruhig, Zeile für Zeile. Zeugmeisterin. Das Wort wirkte seltsam. Schwer, wie ein Pelz, den man sich umlegen sollte, noch bevor man wusste, ob er einem passte.

Sie hob kaum merklich den Blick, als der Pfiff durch die Luft schnitt. Helios. Der Name war wie ein Versprechen gewesen, das jetzt in Fleisch und Blut vor ihr stand, … groß, blond, voller Energie. Nicht laut. Nicht prahlerisch. Aber lebendig, kraftvoll. Ein Wagenlenker, der wusste, wann man den Zügel lockern und wann man ihn anziehen musste. Das imponierte ihr. Nicht, weil er stark war, sondern weil er Kontrolle zeigte, ohne laut zu werden.

Als er sprang, leichtfüßig, fast wie ein Tänzer, und sie beide mit einem Nicken begrüßte, blieb ihr Blick kurz an ihm hängen. Kein Mustern. Kein offenes Staunen. Nur ein inneres Abgleichen.

Samira neigte kaum merklich den Kopf.

"Huhu", sagte sie, und ihre Stimme war leise, aber klar. Eine Pause. Dann hob sie die tabula leicht an, als würde das die Worte darauf unterstreichen. "Ich bin die Zeugmeisterin der Factio Albata."

Sie ließ ihn das ein wenig wirken. Nicht, um Eindruck zu schinden, sondern weil sie wusste, dass man manche Dinge nicht laut sagen musste. Dann trat sie einen Schritt zur Seite, dorthin, wo das alte Geschirr lag. Ihre Finger glitten erneut über das Leder, prüften die Struktur, das Alter, die Vernachlässigung.

"Wenn ihr wollt, dass eure Pferde euch vertrauen wie eine Verlängerung ihres eigenen Körpers, dann muss auch das, was sie tragen, stimmen." Sie blickte kurz zu Helios. "Was ich sehe, ist zu schwer. Zu starr. Das bremst euch mehr, als ihr glaubt."

Ein kurzer Blick zu Nike. Ein kaum sichtbares Nicken. Sie wusste nicht, ob sie Freunde finden würde, hier. Aber sie wusste, wie man sich nützlich machte. Und in einer Welt wie dieser war das manchmal mehr wert als Sympathie.
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Aulus Plautius Montanus
Zeugmeisterin der Factio Albata
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04-27-2025, 09:58 AM,
Beitrag #6
RE: Die Geheimnisse der Albata
[Bild: Brunette-Woman3.jpg]

Ich grinste Helios unverhohlen an, der einfach zum Anbeißen aussah...muskulös und ein wenig verschwitzt, was ihn in der Sonne glitzern ließ. Wäre ich heute alleine hier und ohne offiziellen Auftrag, hätte ich bestimmt auch mal den Heuboden besucht. "Na du, alles gut?" fragte ich informell und meine eher stille Begleiterin stellte sich ebenfalls als die neue Zeugmeisterin vor. "Das ist Samira. Der Dominus hat sie hergeschickt um eure Ausrüstung in Schwung zu bringen. Anscheinend haben wir zwar tolle Gäule (von denen Nike herzlich wenig verstand - für sie waren alle Pferde gleich mit vier Beinen und nur darauf aus, sie zu beißen) aber veraltete Wagen (von denen Nike ehrlich gesagt auch absolut nichts verstand) und so was."

Mein Blick schweifte zu den alten Kerlen, die sich nun aufgeregt unterhielten und in unsere Richtung zeigten. Es gefiel ihnen wahrscheinlich gar nicht, dass Helios einfach so mit uns herumstand und plauderte. Die wussten noch gar nichts von ihrem Glück! Ich freute mich jetzt schon darauf, den alten Zauseln die frohe Botschaft zu bringen. "Helios, sei doch so gut und nimm Samira mal ein, zwei Runden mit damit sie ein Gefühl für die Ausrüstung bekommt. Ich muss noch mit den Plautianüssen schwatzen." Ich zwinkerte dem Auriga zu und deutete in Richtung von Agamanthes und Hippolytes, die ich gleich über Zuwachs in der Führungsriege hier informieren würde. "Ihr zwei Hübschen müsst mich daher für ein paar Minuten entschuldigen, fürchte ich."

Ich legte Samira aufmunternd lächelnd eine Hand auf die Schulter und schob sie sanft auf Helios zu. Zu zweit würde es sehr kuschelig auf dem Wagen werden, aber das ging schon. Ich packte meinen Beutel mit tabulae, straffte mich und marschierte davon wie auf einem Schlachtzug. Auf mich warteten nur alte Kerle, denen es nicht immer gefiel, dass ich die Favoritin des Dominus war. So brachte ich einige Minuten damit zu, Agamanthes und Hippolytes über den neuen Status Quo zu informieren und dass Samira ab nun die Zeugmeisterin der Factio sein würde und sich um die Ausrüstung kümmern würde. Auch wenn die alten Säcke zufrieden damit waren, dass der Dominus endlich jemanden besorgt hatte für dieses Gebiet, so hatten sie sich diese Person definitiv älter und männlicher vorgestellt.
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Honoratior von Iscalis
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05-01-2025, 12:21 AM,
Beitrag #7
RE: Die Geheimnisse der Albata
Oh. Hélios spürte ihren Blick. Den Blick der Neuen und schämte sich innerlich, dass er nun verschwitzt und mit Staub von der Bahn vor den beiden Frauen stand. Am liebsten hätte er sich in den Badezuber gesetzt oder zumindest seinen Kopf ins Wasserfass getaucht. Doch Nikes Pfiff hatte etwas unmissverständliches an sich gehabt, so dass sich Hélios diesem Pfiff einfach nicht widersetzen konnte. Als Samira kaum merklich ihren Kopf neigte, ließ der Germane seinen Blick kurz über ihre Erscheinung gleiten. Gesehen hatte er die Dunkelhaarige hier noch nie. Aber vielleicht tat sie auch im Haus Dienst und war dort Haussklavin des Dominus. Auch wenn jeder doch wusste, dass die hübsche Nike die Lieblingssklavin des Hausherrn war. Im nächsten Moment stellte sich die Dunkelhaarige mit leiser Stimme vor und zwar als Zeugmeisterin der Factio Albata. Eine Zeugmeisterin? So etwas gab es hier also auch? Kurzzeitig wölbte sich Hélios linke Augenbraue empor. Während er ansonsten regungslos an Ort und Stelle verharrte. Ja, der plautische Sklave war eher einer der schweigsameren Gesellen. Und dies würde Samira früher oder später auch noch erfahren dürfen. “Salve. Mein Name ist Os.. Hélios und ich bin Wagenlenker der Factio Albata.“ Stellte sich der blonde Germane mit seiner ruhigen, tiefen Stimme vor und ließ seinen Blick kurz taxierend über Samiras Gestalt gleiten. Bevor er seinen Blick abwandte und diesen direkt vor ihre Füße heftete. Denn auch wenn sie eine Sklavin war, so wollte er sie doch nicht ungebührlich anstarren. Nicht dass sie dies in den falschen Hals bekam und sich über ihn beschwerte.

Zwar hielt er seinen Blick abgewandt, dennoch beobachtete er einen jeden ihrer Schritte. Verfolgte ihre Bewegung, wie sie nach dem Geschirr griff und ihre Finger darumlegte. Auch Hélios erkannte, dass das Leder bereits sehr abgenützt, gar brüchig wirkte. Da würde es auch nichts helfen, dem Leder mit einer bestimmten Politur zu Leibe zu rücken. Als die neue Zeugmeisterin meinte, dass das Geschirr, welches Hélios den Pferden bisher angelegt hatte, zu schwer war und dies die Pferde bremste, zuckte es kurz im Gesicht des Blonden. “Das zuletzt stattgefundene Rennen habe ich gewonnen. Mit genau dem Material, dass du hier siehst.“ Antwortete der Blonde, vielleicht mit etwas lauterer Stimme, als er eigentlich zu der Neuen sprechen wollte. Aber er wollte sich auch nicht sagen lassen, dass das Geschirr zu schwer für die Pferde war. Nein, denn dann hätte er das letzte Rennen niemals gewonnen.

Als Nike meinte, dass er Samira für zwei Runden mit auf den Wagen nehmen sollte, öffneten sich die Lippen des Blonden automatisch. Offensichtlich wollte der Sklave protestieren. Er sollte ein Mädchen, pardon eine junge Frau mit auf den Wagen nehmen? Dort oben war es doch bereits nur mit ihm alleine als Lenker äußerst beengt. Und dann sollte er Samira irgendwie mit balancieren? “Du wirst dich gut festhalten.“ Mahnte Hélios, als er mit der Dunkelhaarigen zu seinem Gespann ging. Stallknechte hatten auf die Pferde aufgepasst. “Das hier sind Xanthos. Balios, Astraios und Phaeton.“ Zählte Hélios die Namen der Pferde auf und strich einem jedem der Tiere zur Begrüßung über den Hals. “Bist du denn schon einmal in einem.. auf einem.. also .. bei einem Trainingsrennen auf dem Wagen mitgefahren? Wohl nicht, oder?“ Dabei ließ er seinen Blick kurz über Samiras Statur gleiten. Die Dunkelhaarige wirkte nun wahrlich nicht wie eine Sklavin, die ihren Dienst in Stallungen verrichten musste.
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05-04-2025, 11:37 PM,
Beitrag #8
RE: Die Geheimnisse der Albata
Samira hatte das Zögern bemerkt dieses flüchtige 'Os… Hélios'. Eine Silbe zu viel, ein Gedanke zu wenig unter Kontrolle. Sie speicherte es, wie sie alles speicherte: reglos, wortlos, tief unten, wo es später Bedeutung entfalten konnte.

Sie sagte nichts dazu.

Stattdessen sah sie zu den Pferden, als er die Namen nannte. Xanthos. Balios. Astraios. Phaeton. Ihre Augen blieben auf jedem Tier ein paar Herzschläge lang ruhen, während ihr Kopf sich leicht neigte, keine Geste der Unterordnung, sondern der Anerkennung.

Als seine Frage kam, unbeholfen formuliert, tastend … blieb sie still. Er musterte sie, zu direkt für jemanden, der behauptete, zurückhaltend zu sein. Doch Samira erwiderte den Blick nicht. Sie ging nicht in den Kampf, den er ihr vielleicht angeboten hätte. Stattdessen trat sie an Balios heran. Ihre Finger fanden instinktiv die Linie zwischen Muskel und Geschirr, glitten langsam darüber, prüften Druckpunkte, ohne ihn zu verändern. Balios schnaubte leise, doch er wich nicht zurück. Die Verbindung war da, wenn auch flüchtig.

Erst dann hob sie den Kopf.

"Nein", sagte sie. "Aber ich habe gesehen, was passiert, wenn das Gleichgewicht fehlt. Beim Wagen. Beim Geschirr. Beim Lenker."

Sie trat zurück zum Wagen. Ihre Bewegungen waren kontrolliert, als folgte sie einem inneren Plan. Ein Fuß, dann der nächste. Der Griff an die Seitenwand, fest, aber nicht hastig. Ihr Körper wusste, wie man auf engem Raum nicht zur Last wird. Kein Stolpern. Kein Zögern. Als sei sie schon oft hier gewesen.

Sie stellte sich neben ihn, ohne ihn zu berühren, aber nah genug, dass er sie nicht ignorieren konnte. "Ich bin nicht hier, um dich zu korrigieren. Ich bin hier, damit du nicht irgendwann mit einem zerbrochenen Rad und drei verstörten Pferden am Rand der Arena liegst."

Sie sah ihn jetzt an. Nicht scharf. Nicht weich. Nur offen. Das war das Höchste, was sie gab … Ehrlichkeit ohne Absicht.

Dann wandte sie sich ab und stellte sich an den Rand des Wagens. Ihr Blick ging nach vorn, zu den Pferden. Ihre Schultern blieben ruhig, aber ihre Haltung war bereit. Die Füße leicht versetzt, das Gewicht verlagert, wie man es gelernt hatte, wenn man wusste, dass Bewegung jederzeit kommen konnte. Das Holz unter ihr ächzte leise. Der Wind begann, mit den losen Strähnen ihres Haares zu spielen.

Sie sagte nichts mehr. Sie wartete. Ob er losfuhr, würde ihr mehr sagen als jede Antwort.
[Bild: 3_15_08_22_9_44_23.png]
Aulus Plautius Montanus
Zeugmeisterin der Factio Albata
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