07-23-2025, 12:26 PM,
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Taberna "Vinum et Panis" | Ein Tisch ohne Essen ist nur ein Brett
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Die Taberna des Aulus Laenius Calvus lag etwas näher als das Thermopolium. Sie war ein etwas anrüchiger Ort, indem viel getrunken wurde, doch Pytheas und Primus waren junge Männer und keine jungen Damen, und das Essen, was sie dort servierten, war zwar nur einfach (die Gäste sollten Wein konsumieren und nicht speisen), aber reichlich, und Pytheas hatte bisher nie über das gewöhnliche Maß hinaus Magenverstimmungen bei den Männern, die die Taberna aufgesucht hatten, behandeln müssen. Daher lenkte er gemeinsam mit Primus seine Schritte dorthin.
Die Wirtin war schon am Kochen, heute gab es Linsen mit Speck und Fladenbrot von gestern, und eine der Schankdirnen (es war nicht die, die als Zeugin beim Mord an einem Centurio "berühmt" geworden war) hing etwas gelangweilt am Tresen, da um die Mittagsstunde hier nicht viel zu tun gab. Sie hätte einmal die Tische gründlich abwischen können, dachte Pytheas bei sich, und beschloss, das bei Gelegenheit dem Wirt zu sagen.
Die beiden Männer setzten sich an einen der freien Tische, die halb draußen standen. Das Mädchen kam mit wiegenden Schritten heran, um zu zeigen, dass es nicht nur Essen servierte, falls den Herren der Sinn nach anderen Erfrischungen stände. So war das, dachte Pytheas, inflationärer Koitus an jeder Ecke, selbst hier in der Kleinstadt.
Er bestellte zweimal Tagesmenü (es gab eh nichts anderes) und den Hauswein und Wasser, und er streckte dann die Beine aus. Hier gab es Stühle und Hocker, keine Klinen:
"Nun, Primus, erzähle einmal ein wenig von dir. Bist du aus Iscalis?", fragte er, während sie auf das Essen warteten.
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Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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07-23-2025, 09:04 PM,
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Ronan
"Primus"

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RE: Taberna "Vinum et Panis" | Ein Tisch ohne Essen ist nur ein Brett
Ronan war dem merkwürdigen Medicus gefolgt. Gekleidet in frische Kleidung und kleinlauter als zuvor, hatte er sich an einen der Tische vor dem Haus gesetzt und wartete nun hungrig auf das Essen, denn die Suppe hatte ihn tatsächlich nicht satt gemacht. Das Ganze hatte noch immer etwas sehr Demütigendes für ihn, doch wenn es hieß, dass er endlich was zwischen die Rippen bekam, würde er dem Kerl am Ende noch die Füße küssen.
Sie saßen gemeinsam und sein neuer Bekannter gab sich leutselig. Wollte Dinge wissen. Sich unterhalten. Also mehr als 'Verpiss dich, du Ratte', was... ungewöhnlich, aber nicht ungewollt war. Er hörte die Frage zwar, doch lag sein Blick auf der Bedienung. Nicht etwa, weil sie hübsch war, sondern weil er auf das Essen wartete.
"Ich? Aus Iscalis? Nee", sagte er leise. "Ich bin aus... Londinium. Bin hierher mitgereist, von Wagen zu Wagen."
Es war eine Lüge, doch mehr würde er dem Römer ganz sicher nicht erzählen. Das musste keiner wissen. Nein... bloß nicht.
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07-24-2025, 02:48 PM,
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RE: Taberna "Vinum et Panis" | Ein Tisch ohne Essen ist nur ein Brett
So schlicht die Aufforderung des Schankmädchens auch war; Primus war noch jung und ihre Reize verfingen vermutlich, so dass der Blick des jungen Mannes doch eine ganze Weile auf ihr lag. Ganz und gar wieder hergestellt, konstatierte Pytheas bei sich. Dann brachte sie das Essen, und das war entschieden interessanter, auch wenn man das ziemlich harte Brot einbrocken musste:
"Aus Londinium also? Hast du dort noch deine Leute? Willst du dahin zurück?", fragte Pytheas, und er kostete. Die Wirtin hatte Essig an die Linsen getan, was vielleicht nicht schlecht war, denn Essig war ein gutes Desinfektionsmittel. Ob das mit Londinium stimmte, konnte er nicht beurteilen; er selbst kannte die Provinzhauptstadt kaum und war nicht in der Lage, zielgerichtete Fragen zu stellen. Es ging ihn auch nichts an:
"Ich frage nicht aus reiner Neugier, musst du wissen. Ich könnte nämlich einen Gehilfen gebrauchen, der Botengänge unternimmt, die Praxis aufräumt und sauber macht und nach Bedarf auch einmal einen unruhigen Patienten mitfesthält - leider ist die Kunst der Anästhesie noch nicht so weit fortgeschritten, wie ich das gerne hätte", Pytheas lächelte ein wenig fragend:
"Er bekäme eine Kammer im Thorianum und ein Gehalt. Wenn er sich tüchtig zeigt, kann er auch mein ... Gehilfe werden" Pytheas hätte Primus auch anbieten können, ihn später zum Medicus auszubilden. Aber er hatte das Gefühl, dass dieser Vorschlag sein Gegenüber, das sich wohl recht elend durchs Leben schlug, gerade geistig und seelisch überfordern würde. Es reichte erst einmal, dass Primus ehrlich und sesshaft werden sollte. Daher sprach der Grieche nichts davon, sondern fuhr fort:
"Aber ich hätte gerne jemanden länger da, und niemanden, der vorhat, beispielsweise nächsten Monat nach Londinium zu verreisen", er beugte sich vor:
"Wenn du jedoch noch länger in Iscalis bleibst, Primus -hättest du dann Lust, für mich zu arbeiten?"
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Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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07-27-2025, 11:48 AM,
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Ronan
"Primus"

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RE: Taberna "Vinum et Panis" | Ein Tisch ohne Essen ist nur ein Brett
Die Geschichte schien zu ziehen. Primus hatte konzentriert in seine Suppe gestarrt, um dem Medicus nicht in die Augen sehen zu müssen, stocherte in den Linsen herum und schob sich den Löffel dann in den Mund, genüsslich seufzend. Es war warm. Warm!
Zunächst hörte er dem Gegenüber nur halbherzig zu, doch mit und mit gewann die Neugier Überhand, als ihm der Heiler nämlich eröffnete, dass er auf der Suche nach einer helfenden Hand war.
"Meinst du das Ernst?", fragte der Junge verdutzt und vergaß sogar, zu essen. Jetzt blickte er wirklich auf und in seinen Augen spiegelten sich Unglaube und Verwirrung. "Du bietest mir eine Arbeit an? Aber... Aber ich... hab dich doch beklaut..."
Die letzten Worte hatte er geflüstert, denn er wollte ja nicht noch Ärger kriegen. Nicht nur lud ihn der Mann zum Essen ein, sondern bot ihm auch noch eine Arbeit an? Wo war der Haken? War es eine Falle? Ein Streich?
"... Und ich... Ich könnte gehen, wenn ich wollte, ja?", fragte er misstrauisch und die Art WIE er es fragte, mochte vielleicht Anzeichen liefern, was er bereits hinter sich hatte. "I-Ich meine... Ich muss nirgends hin... In... Londinium wartet keiner, falls du das meinst... Also... ich... ich würde schon..."
Seine Füße unter dem Tisch wippten hin und her vor Aufregung. Botengänge, Leute festhalten, saubermachen. Das konnte er. Das war nicht schwer. Und es gab dafür ein Zimmer und Geld? Es klang irgendwie zu schön. Eine Frage gab es aber noch.
"Ähm, aber... was ist der Unterschied zwischen einem Assistenten und einem Gehilfen?", wollte er wissen.
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07-29-2025, 03:28 PM,
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RE: Taberna "Vinum et Panis" | Ein Tisch ohne Essen ist nur ein Brett
Pytheas sah den jungen Mann mit seinen Sperberaugen an: "Du hast versucht, mich zu bestehlen", präzisierte er: "Und du hast dabei beinahe dein Leben verloren" Das war wie gesagt nicht Pytheas Absicht gewesen, zumindest nicht mehr, doch das brauchte Primus nicht zu wissen. Sollte er ruhig erst einmal glauben, dass Flavianus Pytheas Medicus ein Mann zum Fürchten war:
"Ich hoffe, dass du etwas aus dieser Erfahrung gelernt hast. Aber natürlich kannst du kündigen und gehen, wann immer du willst. Du bist schließlich kein Sklave"
Schon die nächste Frage war gescheit und zielgerichtet. Was denn der Unterschied sei zwischen einem Gehilfen und einem Assistenten, wollte Primus wissen. Pytheas dachte kurz an seine früheren Gehilfen und daran, was ihre Aufgaben gewesen waren, bevor er antwortete:
"Ein Assistent assistiert mir auch im medizinischen Bereich, und wenn er dafür Talent zeigt, behandelt er einfachere Fälle selbstständig. Er versorgt Wunden, reicht mir Instrumente und mischt mir Medikamente zusammen. Ein Gehilfe ist erst einmal der Mann fürs Grobe. Doch die Frage ist sehr berechtigt: Und wenn du Lust dazu hast und die nötige Sorgfalt, kannst du natürlich gerne mein Assistent werden oder gar ein Medicus"
Die ärztliche Ausbildung war nicht vorgeschrieben. Normalerweise wurde man Lehrling bei einem Medicus. Nur die Elite konnte auf eine der berühmten Ärzteschulen gehen, auf der Insel Kos oder nach Alexandria, um ihre Studien zu vervollständigen. Allerdings waren nicht alle Schulen gleichermaßen gut, fand Pytheas. Sie verehrten ihre Gründer wie Halbgötter und waren dadurch manchmal sehr einseitig. So glaubten beispielsweise die Pneumatiker an einen Lebenshauch, der durch alle Adern floss und wenn der gestört war, führte das zu einer Krankheit. Pytheas hatte schon oft Menschen aufgeschnitten, doch noch nie dieses Pneuma gesehen. Er verließ sich eher auf seinen Verstand und das, was er herausgefunden hatte, und er machte Experimente. Aber das alles würde zu weit führen, es Primus zu erklären:
"Ich kann einen Medicus ausbilden", sagte er daher nur, und er lachte jetzt ein wenig: "Wenn er Blut, Eiter und Erbrochenes sehen kann, ohne umzukippen, natürlich"
Primus war verlegen, seine Füsse wippten hin- und her. Das Leben war bestimmt nicht immer gut zu ihm gewesen, dachte Pytheas. Aber er schien die Stelle zu wollen, das war ihm anzusehen, und der Medicus schlug vor:
"Eine Kammer zum Wohnen. Zwei neue Tuniken im Jahr. Verpflegung oder Essensgeld, je nachdem, wo wir uns aufhalten. Fehlt noch dein Lohn. An wie viel hättest du gedacht für deine Dienste?"
![[Bild: 3_20_01_23_11_54_02.png]](https://adlerchronik.de/gallery/3_20_01_23_11_54_02.png)
Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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07-29-2025, 08:45 PM,
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Ronan
"Primus"

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Registriert seit: Jul 2025
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RE: Taberna "Vinum et Panis" | Ein Tisch ohne Essen ist nur ein Brett
Ronan errötete und wurde ganz kleinlaut, als er an den verpatzten Diebstahl erinnert wurde. Das würde ihm jetzt eine ganze Weile nachhängen, er ahnte es schon. Der Junge blickte betreten zu Boden. Zwar freute es ihn, jederzeit 'kündigen' zu können, doch als ihm der Medicus darlegte, dass er ja kein Sklave sei, musste er kurz schlucken. Dieser Teil der Unterhaltung gefiel ihm nicht, doch der Medicus sprach ja gleich weiter und erklärte ihm, was er so zu tun haben würde. Er sagte nicht warum, doch mit Wunden und Kotze kannte er sich aus.
Und er bot ihm noch mehr an. Nicht bloß Gehilfe oder Assistent, sondern gleich ein Medicus? Ronan hatte über so etwas noch nie nachgedacht. Noch nie im Leben. Seine Augen wurden ziemlich groß.
"Ich... Ich kippe nicht um", versprach er leise, mit dieser Aussicht auf eine Arbeit. Und ein... ein Leben. Ein Leben mit einem Bett.
Aber zuvor musste er noch überlegen, was das mit dem Geld sollte. Er wollte nicht zu viel verlangen, doch auch nicht aussehen als habe er keine Ahnung. Also verschränkte er die Arme, gab seinem Gesicht den strengsten Ausdruck, zu dem er imstande war und sagte:
"Zwei... Zwei Sesterzen die Woche!" Doch seine zunächst feste Stimme verhinderte nicht gänzlich, dass sich das Angebot am Ende ein wenig wie eine Frage anhörte. Gespannt und nervös beobachtete er die Reaktion seines Gegenübers und hoffte, nicht zu unverschämt gewesen zu sein.
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