>>> Wie es sich für einen wohlerzogenen Sklaven gehörte, hatte Nefertem den letzten Wunsch der Claudia Sabina erfüllt. Er hatte das Kind, Marcus Iulius Cato Minor, auf den Gabinierhof gebracht. Ebenso dessen Amme und deren Tochter. Die Milchamme war ohnehin hin- und weg von dem kleinen Kerl und wäre ihm wohl auch an jeden anderen Ort gefolgt. Nefertem jedoch war froh, dass er diesen schwierigen Schritt hinter sich gebracht hatte. Der Säugling würde es bei Furia Stella gut haben und zusammen mit anderen Kindern aufwachsen. Und Claudia Sabina würde ihrem neuen Gemahl mit Sicherheit eigene Kinder schenken. Bei dem Gedanken an die junge Römerin spürte Nefertem wie ihm das Herz schwer wurde und er tatsächlich tief durchatmen musste. Seine Domina hatte so entschieden und dieser Entscheidung musste sich der Sklave beugen. Ein letztes mal blickte sich der Dunkelhaarige in seinem einstigen Arbeits- und Wohnbereich in der claudischen Villa um. Seine wenigen, wenngleich teuren Kleidungsstücke, hatte er fein säuberlich in einen ledernen Beutel gepackt. Ebenso die Silbermünzen, die ihm Claudia Sabina gegeben hatte. Jene Silbermünzen trug Nefertem dicht an seinem Körper. Während er den Lederbeutel schulterte, als er der claudischen Villa Lebewohl sagte. Vielleicht nicht für immer? Doch mit diesem Gedanken wollte sich Nefertem gar nicht länger herumplagen. Schließlich würden ihn diese Gedanken nur von seiner neuen Herausforderung abhalten. Und seine Herausforderung war der furische Hausstand.
Mit einem letzten Blick über seine Schulter schritt Nefertem schließlich über die Schwelle und trat hinaus. Hinaus auf das Pflaster der Straße, verließ somit die Villa Claudia und atmete im selben Moment tief durch. Sein Griff um den Lederbeutel wurde eine Spur fester und sein Blick einen Augenblick etwas grimmiger. Noch immer schwindelte ihm, als er sich die Summe ins Gedächtnis rief, die der Furier für ihn bezahlt hatte. Für einen einfachen Sklaven, wenngleich er Marcus Iulius Catos Leibsklave war und im claudischen Haushalt als Maiordomus gedient hatte.
“Vergangenheit Nefertem. Vergangenheit.“ Sprach der Dunkelhaarige mit leiser Stimme an sich selbst gewandt. Versuchte seine Gesichtszüge zu entspannen und setzte sich im selben Moment in Bewegung. Den vorüberströmenden Menschen wich der Sklave geschickt aus und lenkte seine Schritte zielgerichtet voran. Für den Anlass des Umzugs hatte er sich in jene Tunika gehüllt, die er einst von Marcus Iulius Cato erhalten hatte. Die hübsch verarbeitete mit den Gold- und Silberfäden an Kragen und an den Ärmeln. Für einen kurzen Augenblick ließ sich Nefertem irgendwie dann doch von der Menschenmenge treiben. Bis er die furische Villa aus dem Augenwinkel erblickte und seine Schritte zielgerichtet darauf zulenkte.
An der Haustür angekommen, strich sich Nefertem durch seine dunklen, gelockten Haare, atmete tief durch und pochte gegen die Haustür. In der stillen Hoffnung, dass man ihm öffnen würde.