RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
Ich senkte den Blick, als Leander sein Urteil verkündete. Es war nicht grausam. Es war... gerecht. Und es tat mir trotzdem so weh, als hätte er mir gerade das Herz aus der Brust gerissen.
Ich hatte keine Tränen mehr übrig. Vielleicht hatte ich sie alle schon geweint, vielleicht hielt mich auch einfach nur der Stolz davon ab, mich vor ihm zu entblößen. Ich war seine Ehefrau. Ich hatte ihm Unrecht getan. Und nun hatte er mir vergeben – auf seine Weise.
"Ich verstehe", sagte ich, und die Worte schmeckten bitter auf meiner Zunge. Nicht, weil ich seine Autorität nicht anerkannte. Sondern weil ich wusste, dass ich damit auch sagte: Ich nehme dein Urteil an. Ich nehme es an, dass ich ihn nicht mehr sehen darf. Nicht so, wie ich es will.
Ich wagte keinen Blick zu Nicander. Denn dann hätte ich mich nicht mehr zurückhalten können. . Ein einziger Blick auf seine Augen, und ich hätte die Fassung verloren.
"Es tut mir sehr leid, dass ich dein Vertrauen missbraucht habe", flüsterte ich weiter, meine Stimme war ruhig, aber innen bebte alles. "Ich werde deine Entscheidung achten. Und ich danke dir, dass du bereit bist, überhaupt noch mit mir einen Weg zu suchen, obwohl ich... obwohl ich ihn fast unmöglich gemacht habe."
Ich spürte das Zittern in meiner Brust, das ich mühsam unter Kontrolle hielt. Ich hatte das alles gewollt – ich hatte ihn gewollte – und nun durfte ich nicht einmal mehr einen Moment allein mit ihm verbringen. Keine Berührungen mehr, keine Küsse, kein geflüstertes "Bleib". Nur noch Abstand. Nur noch Schweigen. nur noch Leere.
"Ich werde deine Bedingungen befolgen, Leander", sagte ich und hob kurz den Blick zu ihm. "Du sollst keinen weiteren Grund zur Sorge haben."
Und doch... ich wusste, dass mir mit diesem Urteil etwas genommen wurde, das ich nicht so einfach zurücklassen konnte. Ich würde es tun, weil ich es tun musste. Weil ich nicht noch mehr verlieren wollte. Aber in mir war ein Raum, in dem sein Name noch nachhallte. Eine Kerze, die niemand mehr anzünden durfte, aber deren Docht noch rauchte.
Ja, ich habe ihn geliebt. Das wusste ich jetzt. Ich liebte ihn noch immer.
Aber ich würde lernen müssen, es zu gut verstecken.
![[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]](https://adlerchronik.de/gallery/3_15_08_22_9_37_19.png)
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
|