RE: Nymphäum | Besuch der liebsten Cousine
Ein wenig irrtiert sah ich meine Cousine an. Die äußerte gerade: "Abgesehen davon ist es ja egal, wie dein Gatte aussieht oder ob er Leidenschaft in dir entfacht. Für den Zeugungsakt ist das ja unerheblich"
Irritiert war vermutlich untertrieben. Ich schluckte: "Es ist egal? Du bist doch kein Lämmchen, welches man zu einer Schlachtbank führt! Oder doch: In jungfräulichem Alter sind viele von uns solche Lämmchen, das ist wahr. Aber nach einem Jahr etwa weiß eine Dame doch, wie der ganze Hase läuft. Auch ein hässlicher Mann kann sich pflegen und auf der Palestra trainieren oder so liebenswürdig und geistreich sein, dass man Schielaugen oder eine wulstige Nase ganz vergisst! Und wenn er keine Leidenschaft entfacht, dann muss er sich eben mehr Mühe geben...."...oder jemanden vom Personal dazuholen, dachte ich, aber dachte das nur, denn dieses Ansinnen hätte Serena gewiss schockiert. Ich wollte sie aber nicht schockieren, ich wollte ihr beistehen:
"Wir Frauen haben schon mit so vielen Einschränkungen zu kämpfen, da ist das nicht zu viel verlangt, wenigstens die Zeugung angenehm zu gestalten. Dein Furius kann sich glücklich schätzen, dich zur Gattin zu haben; den Saum deines Gewandes sollte er dir täglich küssen und der göttlichen Iuno ein Opfer bringen", ich schaute Serena an, die so hübsch und liebenswürdig und tadellos war. Furius Saturninus verdiente sie nicht, aber da er schon so ein unverschämtes Glück hatte, sollte er auch gebührend dankbar sein.
Wenigstens freute Serena sich über die Geschenke (oder tat zumindest so, denn jetzt fiel es mir wieder ein, dass sie sich nichts aus Seide machte)
Ich wünschte Serena nur, dass sie sich bald auf seidenen Laken räkelte und dabei gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem sie ja treu war, das neue Buch las. Vielleicht hätte sie dann einmal Spaß auf ihrer Kline.
Nun trat die mitgebrachte Sklavin uns zur Unterhaltung auf. Meine Nichte versuchte, sie nachzuahmen, ich lachte mich schief. Leider war Serena eine strenge Mutter und verwies sie auf ihren Platz. Die Kleine hatte den verwöhnten und trotzigen Zug um den Mund von ihrem Vater, dachte ich, als Saturnina sich missmutig neben Serena niederließ.
Doch die Akrobatin machte ihre Sache schön, und ich spendete Applaus und dann, als Serena es erlaubte, warf ich dem Mädchen einen ganzen Sesterzen zu (bei ihrer Geschicklichkeit würde sie ihn gewiss fangen!)
"Cassia ist ein hübscher Name", sagte ich: "Das du nicht mit Feuer im Haus jonglieren sollst, das ist nur verständlich. Vielleicht ergibt sich mal etwas auf einem freien Platz. Bist du eine Keltin?" Cassia hatte einen weichen ausländischen Akzent, den ich nicht einordnen konnte.
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