RE: [Apodyterium / Palaestra] Viele neugierige Blicke ...
“Hm, ein kleines bisschen Gram“, sagte ich und zeigte mit Daumen und Zeigefinger etwa drei Fingerbreit. Es wäre albern, zu behaupten, ich hätte mich nicht geärgert. Natürlich hatte ich das. Ich war ja schließlich keine Vestalin. (Und auch die konnten ganz schön ihre miese Laune an anderen auslassen, entgegen dem öffentlichen Bild. Das waren ganz garstige Weiber. Kein Wunder, wenn kein Kerl bei denen auch für Entspannung sorgen konnte. Da wär ich auch garstig.) “Aber weil er zu dir genauso gemein ist, wie zu mir, und du noch länger unter ihm leiden musst, als ich, verzeihe ich dir natürlich.“ Alles andere wäre auch meinen Zukunftsplänen reichlich abträglich. Es war immer gut, reiche und einflussreiche freunde zu haben. Und Frauen waren da sogar noch wesentlich besser als Kerle, weil letztere bestenfalls unzuverlässig waren. Wenn nicht schlimmeres. Frauen waren zwar manchmal zickig, aber immerhin verlässlich.
Zu den Gewichten sagte ich lieber nichts. Ich war eigentlich für keinen Sport besonders zu begeistern. Aber zum Glück hatten mich die Götter wenigstens damit gesegnet, dass ich rank und schlank war und nichts bei mir ansetzte. Lag vermutlich an den selben Umständen, die zu meiner andauernden Kinderlosigkeit letztendlich geführt hatten. Aber für diesen hohen Preis war das dann mehr als gerechtfertigt. Keine Kinder zu bekommen und nicht dick zu werden war also so etwas wie kosmische Gerechtigkeit.
Als sie nach meinem Gönner fragte, war ich kurz verwirrt. “Hatte ich dir nicht erzählt, dass Petilinius Pertax mich mit Geschenken bedenkt?“ Mir war so, als hätte ich das erzählt gehabt, aber ganz sicher war ich mir nicht. Es war ja immerhin schon eine Weile her, dass wir uns zuletzt gesehen hatten. Vor der Geburt, die anscheinend sehr unerquicklich gewesen war. Angemessen angewidert verzog ich das Gesicht bei der auch nur angehenden Schilderung.
“Warum kannst du nicht gucken? Das sind so feine-Damen-Regeln, die mir wohl nicht in den Kopf gehen. Ich werde ganz schamlos schauen, das kannst du sicher sein. Und den meisten Männern gefällt das auch.“ Ich zuckte leicht mit den Schultern. Warum Sabina nicht einfach gucken wollte, verstand ich wirklich nicht. Was sollte ihr Verlobter schon machen? Wie ein Mädchen kreischen und sich bedecken? Die meisten Kerle zeigten doch erst recht, was sie hatten, wenn eine Frau guckte.
Die Beschreibung ihres Verlobten war aber mehr als vage. “Ich glaube nicht, dass irgend jemand in der Palaestra irgendetwas isst. Die Bademeister würden einen rauswerfen.“ Man konnte in den Thermen alles mögliche machen: Spielen, Sport, sich massieren lassen oder auch den Haarausreißer herbeirufen und sich quälen lassen. Die Männer konnten auch den Badesklavinnen ein paar Spintriae geben und mit ihnen in abgesperrte Einzelkabinen gehen, wo nicht nur gebadet wurde. Aber essen tat hier drin niemand. Überhaupt war es für die meisten Römer etwas ziemlich intimes, etwas zu essen, weshalb sie das öffentlich so gut wie nie taten.
“Bei der Beschreibung würde ich mich nicht darauf verlassen, dass wir ihn erkennen. Aber wenn du ein wenig von deinen neu zugesprochenen dreihundert Sesterzen in die großen Spintria investieren würdest, weiß ich eine sichere Methode, wie wir es herausfinden.“
Denn eben erwähnte Badesklavinnen wussten sowas so gut wie immer. Die merkten sich nicht jeden Kerl, der zu ihnen kam, aber die Senatoren, Ritter, Leute mit Einfluss, ja, die merkte sich jede Prostituierte, in der Hoffnung auf einen Stammkunden. Denn die waren spendabler als die armen Schlucker, und manchmal wollten sie was exklusiv nur für sich.
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