RE: [Biclinium] Die im Schatten sieht man nicht
Als plötzlich Cassia und Saturnina einfach so ungebeten auftauchten, ärgerte mich das noch mehr. Das Kind wollte einfach nicht hören und wie wenn man einen bösen Geist beschwört, war auch schon wieder diese Sklavin Cassia an ihrer Seite - als würde sie meine Tochter ständig zu Untugenden anstacheln. Das würde ein Ende haben, schwor ich mir. Sobald ich entbunden hatte, würde ich die Sklavin verkaufen. Es gab ein Freudenhaus in der Gegend, von dem mir die anderen Sklavinnen erzählt hatten. Solche Etablissements hatten bestimmt immer regen Bedarf an jungen Mädchen und Spaßmacherinnen und dort konnte Cassia ihre Untugend verbreiten so viel wie sie wollte. Meine Tochter würde sie auf jeden Fall nicht mehr dazu animieren sich wie eine Dirne zu benemen.
Auch mein Gatte war sichtlich verärgert über das Auftauchen unserer Ältesten, die eigentlich mit Iolanthe auf ihrem Zimmer sein sollte. Stattdessen stand sie derangiert mit einem verdreckten Kleid vor uns und brüllte schon wieder herum und lief herum statt still zu sein bis man sie ansprach. Genervt massierte ich mir die Schläfen und fragte mich, wie ich so versagen konnte. Ich musste die Götter erzürnt haben, dass sie mich mit so einem ungezogenen Geschöpf als Tochter gestraft hatten. Das würde sich ändern - drastisch. Sobald ich mich vom Wochenbett erheben würde, würde ich den Göttern großzügig opfern und für meine Verfehlungen um Vergebung bitten und Saturnina würde endlich lernen sich wie eine junge Dame zu benehmen.
Saturnina stapfte schmollend und leise weinend davon, vom Ärger ihres Vaters überrumpelt und gefolgt von der unliebsamen Sklavin. "Es ist natürlich nicht deine Schuld, mein Gatte. Es ist bekannt, dass Töchter nach ihren Müttern schlagen und Söhne nach ihren Vätern. Wenn ihr Verhalten jemandes Schuld ist, dann kann es nur meine sein. Ich werde mich direkt nach dem Wochenbett darum kümmern, liebster Gatte." Die Worte waren wieder ein wenig sanfter, beschwichtigend auch wenn mich das Verhalten meiner Tochter stark beschämte. Ich war nur froh, dass wir keine Gäste hatten, die dieses Schauspiel miterleben konnten. Zumindest waren unsere Diener in der Regel sehr loyal und ich hoffte, dass es nicht als Klatsch nach außen dringen würde. "Wir sollten auf jeden Fall bald über eine Verlobung nachdenken und eine frühe Heirat. Mädchen wie Saturnina müssen früh verheiratet werden wie jeder weiß."
Bevor ich allerdings noch mehr zu dem Thema sagen konnte, krümmte ich mich vor Schmerz. Die letzten Tage hatte ich schon Schmerzen im Rücken und Unterleib verspürt und da dies mein drittes Kind war, wusste ich die Zeichen zu deuten. "Es ist so weit" sagte ich leise zu Phoebe, die sofort in Aktion trat und mir von der Liege aufhalf. Langsam watschelnd trat ich den Weg zu meinem cubiculum an und noch bevor ich mich in mein Bett legen konnte, platzte auch schon die Fruchtblase. Den Göttern sei Dank war die Hebamme bereits seit einigen Tagen auf Abruf in der Villa, da diese Geburt sehr schnell verlief und ich von einem gesunden, kräftigen Jungen nach nur zwei oder drei Stunden entbunden wurde. Es war eine leichte Geburt gewesen und die Hebamme versicherte mir, dass ich mich sehr zügig erholen würde.
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