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[Accia Prisca]

Der Kuss war schön, aber viel zu kurz. Priscas Körper folgte seinem noch ein wenig nach, als er ihn löste, nur um diese eine Sekunde länger noch herauszuschlagen. Sie hatte seine Küsse so sehr vermisst! Ihr Herz schmerzte, so sehr vermisste sie ihn. Und so sehr hoffte sie, dass er wirklich eine Lösung hatte, die ihr nicht eingefallen war.
Als erstes aber meinte er, sie solle ihren Bruder vergessen. Ach, wenn Prisca das könnte! Aber er stand ihrem Glück am meisten im Weg. Wäre Carisius Primus ihr Vormund, ihn hätte sie sicher von einer Heirat mit Corvus überzeugen können. Ganz sicher. Auch wenn er arm wäre. Sie hätte eine Mitgift erhalten und vielleicht hätte Carisius Primus ihn sogar selbst eingestellt, so dass sie ein Auskommen in Londinium hätten. Aber mit ihrem Bruder? Nein, der würde ihr schon allein deshalb nicht erlauben, Corvus zu heiraten, weil sie das wollte.
Dann aber fuhr Corvus auch fort und erzählte ihr von seinem Plan. Er wollte sie wegbringen, einen Tagesritt entfernt zu einer Quelle mit Priesterinnen. Zweifellos keltische Priesterinnen. Dort sollte sie leben? Prisca sah Corvus an, während ihre gerade eben noch aufkeimende Hoffnung so harsch erstickt wurde. Und sie fing wieder an zu weinen, diesmal aber nicht aus Freude. Erst konnte sie ihm nicht einmal antworten, und sie setzte sich auf die niedrige Mauer, die das Peristyl vom Garten trennte, weil sie nicht mehr stehen konnte.
Erst nach einer Weile brach es aus ihr heraus. “Ich bin schwanger, Corvus“, weinte sie und schüttelte heftig den Kopf. “Ein römisches Kind. Verstehst du? Du hast gesagt, wie sehr du leiden musstest wegen deinem Aussehen. Wie könnte ich…? Und wie soll ich das Kind dort überhaupt bekommen? Und wenn mein Bruder mich dort findet? Und was ist mit meinen Freundinnen hier? Ich kann nicht schon wieder alles verlieren.“ Und sie fand es so ungerecht, dass das von ihr verlangt wurde. Sie hatte so wenig in ihrem Leben. Im Grunde genommen hatte sie gar nichts mehr, seit ihr Vater gestorben war, und jetzt verlangte Corvus von ihr, das wenige auch noch aufzugeben. Sie hätte ja kein Problem damit gehabt, arm zu sein. Aber wie könnte sie einem Kind das antun, ebenso wie Corvus geschmäht und geächtet zu werden? So selbstsüchtig wollte Prisca nicht sein.